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Wenn Huhn Bianca durchs Altenheim flattert

Von Lisa Welzhofer


Türkheim Langsam und sehr sachte, so als handele es sich um eine besonders filigrane Porzellanfigur, streichelt die alte Dame über das Tier auf ihrem Schoß. Mit jeder Berührung des rot-schwarzen Meerschweinchenfells scheint eine Erinnerung aufzusteigen. "Ich hatte früher eine Katze. Die hatte ich 18 Jahre lang. Die habe ich ungern hergegeben", sagt sie. Dabei geht ihr Blick geradeaus, scheint auf etwas anderes, längst Vergangenes gerichtet. "Wir hatten viele Tiere, eine richtige Landwirtschaft eben."

Während die ehemalige Bäuerin ins Reden gerät, ist ihre Nachbarin ganz auf den Hasen konzentriert, den sie in ein Handtuch gewickelt auf ihren Knien hält. Immer wieder gibt sie dem Tier ein Stück Apfel. Krault es, lächelt.

Es ist der dritte Besuch der Therapeutin Sabine Bauer und ihrer rund 30 Tiere im Türkheimer Kreisaltenheim. Rund 20 Bewohner - viele von ihnen demenzkrank - sitzen in einem Stuhlkreis, in der Mitte stehen strohgefüllte Gehege mit Kaninchen und Meerschweinchen, die speziell für diese Aufgabe ausgebildet wurden. Später kommen noch freilaufende Hunde und ein Kater hinzu. Auch eine Gans und ein Huhn sind dabei. "Tiergestützte Therapie" ist der Fachausdruck für diese Zusammenkunft. Neben einer Abwechslung im Heimalltag sollen die Sitzungen auch Leiden wie Depression, Angstzustände oder Ruhelosigkeit lindern helfen.

"Der Hund sieht aus wie meine Sissi früher"

Jeder Heimbewohner erlebt die Begegnung anders. Da ist die Frau, die heute gar keines der Tiere zu sich auf den Schoß nehmen möchte, lieber stumm, aber aufmerksam beobachtet. Eine andere weiß dagegen ganz genau, dass sie wieder den kleinen schwarzen Hasen "Knopf" bei sich haben möchte - wie schon das letzte Mal. "Wie meine Sissi früher", meint eine Bewohnerin begeistert, als eine weiße Schäferhündin um ihre Beine streift. Allen gemeinsam ist die Ruhe und Intensität, mit der sie sich mit den Vierbeinern beschäftigen.

"Es tut den Leuten gut, Liebe geben zu können, Fürsorge in Form von Nahrung, Wärme und Schutz. Normalerweise sind die Bewohner eines Altenheims immer nur Empfänger", sagt Sabine Bauer. Pflegedienstleiterin Brigitte Kis und Heimleiterin Rosina Demmler können die positive Wirkung der tierischen Begegnungen bestätigen: "Manche Patienten sprechen noch Tage später davon."

Oft dauert es eine Weile, bis eine Veränderung sichtbar wird, wie bei jener Frau, die an diesem Tag angstverkrampft im Rollstuhl sitzt und ihre Augen gar nicht öffnen will. Sabine Bauer setzt sich mit einem Hasen neben sie, führt ganz langsam die Hand der Frau auf das Fell. Nach einiger Zeit entspannen sich die Finger, die zweite Hand folgt. Später hat die Patientin den Hasen im Arm, öffnet vorsichtig die Augen.

Es gibt kein Tier gegen ein bestimmtes Leiden

"Man kann nicht sagen, das dieses oder jenes Tier gegen ein bestimmtes Leiden hilft. Es kommt immer auf den Charakter des Tieres und des Menschen an und ob sie zueinander passen", sagt Sabine Bauer. Deshalb hat die diplomierte Sozialpädagogin mit einer Zusatzausbildung in "tiergestützter Therapie und Pädagogik" immer eine größere Zahl verschiedener Tiere dabei. Huhn Bianca und Gans Dolores beispielsweise sprechen Menschen an, die aus der Landwirtschaft kommen. "Da werden noch mal alte Fähigkeiten geweckt. Die Leute können dann den anderen Bewohnern erklären, wie man mit so einem Tier umgeht", sagt die Therapeutin, die auf ihrem Lamerdinger Hof (Ostallgäu) knapp 60 Tieren hält.

Für den Therapeuten sei es wichtig, genau die Ziele des Einsatzes zu kennen. Die hingen wiederum von der Art der Einrichtung ab. Sabine Bauer und ihre Mitarbeiter besuchen neben Altenheimen auch Kindergärten, Schulen und Einrichtungen für Behinderte und psychisch Erkrankte.

Während es bei Kindern eher darum geht, den Umgang mit anderen Lebewesen zu lernen oder eigene und fremde Grenzen zu erkunden, kann bei Behinderten unter anderem die Motorik geschult werden. Gute Erfolge erzielt die tiergestützte Arbeit laut Bauer auch als begleitende Therapie bei Depressionen und Angstzuständen oder Autismus. Der Umgang mit Tieren soll das positive Lebensgefühl steigern ebenso wie das Selbstwertgefühl.

Der Therapeut tritt während der Sitzungen oft in den Hintergrund, ist erster Vermittler zwischen Mensch, Tier und Pflegepersonal, das immer miteinbezogen wird, dann Beobachter und stiller Begleiter.

Außerdem achten Sabine Bauer und ihre Mitarbeiter darauf, dass weder Zwei- noch Vierbeiner überfordert werden, denn die Begegnung ist für beide Seiten auch anstrengend. Meistens allerdings würden die Patienten und ihre tierischen Freunde selbst entscheiden, wann die Stunde vorbei ist. "Einer von beiden oder beide werden dann unruhig", weiß die Therapeutin. Auch heute ist das so. Eine Frau beginnt plötzlich zu zittern, ein Hase fängt an zu kratzen. Die ehemalige Landwirtin hat ihr Meerschweinchen schon in das Gehege zurückgegeben. Ihre Lieblingskatze von damals konnte es nicht ersetzen.


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Jede Begegnung,
die unsere Seele berührt,
hinterlässt eine Spur,
die nie ganz verweht.

L.L. Boden


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